Nach wie vor fristet Hanf, vor allem aufgrund seiner jahrzehntelanger kriminellen Diskriminierung, eine Nischenkultur in der Landwirtschaft. Hanf kann, besonders dann, wenn extensiv gewirtschaftet wird, ein passendes Fruchtfolgeglied sein. Sowohl das Korn – die Hanfnuss – als auch das Stroh können genutzt werden, wodurch sich ein interessanter Deckungsbeitrag ergibt.
Cannabis Sativa
Hanf (Cannabis Sativa) gehört zu den ältesten und vielfältigst genutzten Kulturpflanzen. Die ältesten Funde in Europa reichen bis 5.500 v. Chr. zurück. Hanf hat eine weltweite Bedeutung als Lebensmittel, Faserpflanze, in der Pharmazie und Kosmetikindustrie sowie als nachwachsender Rohstoff.
Hanf ist als nachwachsender Rohstoff wegen seiner problemlosen Zucht und vollständigen Nutzbarkeit beliebt. Es werden keinerlei Herbizide benötigt, weil die Pflanzen sehr rasch den Boden vollständig beschatten, sodass kein Unkraut mehr Licht findet. Außerdem ist er äußerst schädlingsresistent und pflegeleicht. Hanf produziert mehr Biomasse als jede andere heimische Nutzpflanze. In der Wirtschaft ist Hanf äußerst vielseitig einsetzbar und wird wegen seiner hohen Haltbarkeit, Umweltverträglichkeit und niedrigen Energiebilanz geschätzt.
Botanik
Cannabis Sativa ist eine einjährige, krautige, ursprünglich diözische (zweihäusige) Pflanze. Die männlichen und weiblichen Blüten befinden sich auf unterschiedlichen Pflanzen und werden durch die Luft bestäubt. Die männliche Pflanze (Femelhanf) blüht meistens drei bis vier Wochen früher als die weibliche (Hanfhenne). Es gibt jedoch auch einhäusige Hanfpflanzen (Zwitter). Beim Nutzhanf gibt es eher weniger „Zwitterpflanzen“.
Ansprüche an Boden und Klima
Nutzhanf kann weltweit infolge der hohen Temperatur- und Wasserangebotstoleranzen in vielen Produktionsgebieten angebaut werden.
Er bevorzugt kalkhaltige (>6,0 pH), mittelschwere, humose, tiefgründige und gut wasserführende Böden. Kalte, nasse Lehm- bzw. Tonböden und nährstoffarme flachgründige Sandböden sind weniger geeignet. Nutzhanf bevorzugt ein gemäßigtes Klima, die Samen keimen ab einer Bodentemperatur von 2,0 °C, Jungpflanzen sind ab –4 °C gefährdet.
Ideal ist ein Jahresniederschlag um 600 mm, wobei vor allem im Jugendwachstum ausreichend Wasser zur Verfügung stehen sollte. Später holt sich die Pflanze das Wasser aus bis zu 2m Tiefe über die Pfahlwurzel.
Das Saatbett sollte fein- bis mittelkrümelig sein und Bodenverdichtungen sollten vermieden werden. Die optimale Saatzeit liegt je nach Witterung zwischen Mitte April und Ende Mai.
Der Hanfanbau
Aussaat
Die Saatstärke ist je nach Hanfsorte und Nutzung unterschiedlich: Wird der Hanf zur Kornnutzung angebaut, liegt die optimale Saatstärke bei 50 Körnern/m2. Bei Fasernutzung liegt diese bei 250 Körnern/m2 und zur Korn und Fasernutzung bei 100 Körnern/m2 – dies entspricht 40 kg Hanfsaatgut/ha. Die von der EU vorgeschriebene Mindestsaatstärke von EU-zertifiziertem Saatgut beträgt 20 kg/ha. Bei 40 kg/ha kommt es zu einer guten Abdeckung, sodass die Unkräuter unterdrückt werden und die Hanfpflanzen eine einheitliche Größe erreichen, um die Kornernte mit dem Mähdrescher zu erleichtern. Der Anbau erfolgt mit der Drillsämaschine bei einer Saattiefe von 2 bis 5 cm.
Düngung
Bis zur Ernte sind keine weiteren kulturtechnischen Maßnahmen notwendig. Die Literatur und Erfahrung zeigen, dass keine spezielle Düngung erforderlich ist. Allerdings kann je nach Fruchtfolge der Netto-Entzug ausgeglichen werden (Stickstoff: max. 120 kg/ha).
Der Düngernährstoffbedarf ist von der Nutzungsart und vom erwarteten Ertragsniveau abhängig und beträgt ca. 80 kg P/ha, 160 kg K /ha und ca. 35 kg Mg/ha.
Aufgrund der starken Jugendentwicklung von mehreren Zentimeter pro Tag hat Hanf ein hohes Unkrautunterdrückungspotenzial. Mögliche Problemunkräuter: Ackerdistel, Weißer Gänsefuß und Ackerwinde. Schädlinge oder Krankheiten bereiten im Allgemeinen keine Probleme. Falls Stressfaktoren auftreten, so kann die Pflanze diese gut ausgleichen.
Hanf als Zweitfrucht möglich
Hanf ist mit sich selbst verträglich. Als gute Vorfrucht haben sich alle Getreidearten bewährt, eher ungünstig sind Raps, Sonnenblume und Körnerleguminosen. Hanf ist eine wertvolle Vorfrucht für Getreide und Hackfrüchte!
Nach frühräumenden Hauptfrüchten wie Wintergerste, Früherdäpfel, Feldgemüse,… kann Hanf für die Faser bzw. Ganzpflanzennutzung auch noch in der ersten Juliwoche gesät werden. Hier ist aber meist eine Bewässerung erforderlich, um einen unmittelbaren Feldaufgang zu gewährleisten. Eine Samenernte ist nicht mehr möglich. Bei guten Röstbedingungen ist eine hohe Faserqualität erreichbar!
Bis zur technischen Faserreife werden als Hauptfrucht ca.100 bis 115 Vegetationstage benötigt, als Zweitfrucht nur ca. 90 Tage. Die Kornernte erfolgt Ende August bis Mitte Oktober mit speziell adaptierten Mähdreschern.
Nach der Kornernte bleibt das gehäckselte Stroh zur gleichmäßigen Röste am Feld liegen und wird im Herbst mit Scheiben- oder Fingermähwerken vom Landwirt nachgemäht und im Anschluss geschwadet. Im ersten Bearbeitungsgang wird das geschwadete Stroh mittels gezogener Pralltechnik aufgeschlossen. Dabei muss das Hanfstroh absolut trocken sein. Mittels einer gut ausgerüsteten Strohpresse wird die Faserernte dann abgeschlossen.
Technische Entwicklung
Trotz guter Absatzmöglichkeit des Korns (Hanfnuss) musste für das Stroh eine Lösung gefunden werden. Verbleibt das Hanfstroh nach der Kornernte am Feld, so kann der Ackerboden nur mit großem Aufwand für den Anbau der Folgekultur vorbereitet werden.
Inzwischen wurden Erntetechniken entwickelt, welche sowohl das Korn als auch das Stroh verarbeiten können. Mit dem „Mobilen Feldentholzer“ wurde eine Erntemethode entwickelt, die es ermöglicht, das Hanfstroh direkt am Feld in Fasern und Schäben (Holzanteil des Stängels) zu trennen. So können die Hanffasern für die Erzeugung von z. B. Dämmstoffen weiterverwendet werden.
Verarbeitung
Je nach größe des Anbaugeländes ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten. Hier einige Grundlegende Zahlen, aus denen alles weitere berechnet werden kann.
Ertrag
Bei einem Anbau von durchschnittlich 40 kg/ha für Körner (Hanfnuss) und Fasernutzung der Pflanze liegt der Ertrag bei ca. 600 Kg/ha für die Körner und ca. 4 to/ha Fasern
Blätter und Blüten
Die Ernte der Blätter ist Mitte Juli und kann ausschließlich händisch durchgeführt werden. Der Ertrag liegt ca. bei 50 – 80 kg je ha. Die Ernte der Blüten erfolgt Mitte August je nach Verwendung händisch für Teeblüten lose oder mit Mähwerk für Verarbeitungsprodukte wie beispielsweise Bier oder Teebeutel. Die Erntemengen bei Handernte sind 150 – 180 kg, bei Maschinenernte ca 300 kg.
Hanföl
5 Kg ungeschälte Hanfnüsse ergeben bei einer kalten Pressung (unter 45 Grad C) einen Liter Hanföl und 4 Kg Presskuchen, der zu dem proteinreichen Hanfmehl weiter verarbeitet werden kann.
Fasern
Hanffasern sind überaus reißfest und widerstandsfähig. Die Naturfasern werden in der Papierindustrie, für Textilien oder beim Autobau eingesetzt. Während Langfasern für Textilien und technische Fasern verwendet werden, finden Kurzfasern Anwendung als Dämmmaterial und für grobe Stoffe.
Zudem fallen bei der Fasergewinnung als Nebenprodukt Schäben an. Das sind Reste der verholzten Pflanzenteile, die nicht für die Gewinnung von Fasern verwendet werden können. Hanfschäben werden hauptsächlich als Tiereinstreu verwendet und wegen der sehr guten Saugfähigkeit und leichten Kompostierbarkeit geschätzt. Gemischt mit Kalk und Sand können Schäben auch als Baustoff verwertet werden.
Die positiven Aspekte des Hanfanbaus
- Nach dem Anbau bis zur Ernte sind keine kulturtechnischen Arbeiten erforderlich
- Optimal für extensive Bearbeitung
- Gute Unkrautunterdrückung durch schnelles Jugendwachstum der Hanfpflanzen.
- Hanf ist ein guter Bodenaufbesserer und selbstverträglich
- Die Nährstoffe werden aus den unteren Bodenschichten entnommen
- Kein Düngemitteleinsatz bzw. chemische Pflanzenschutzmittel erforderlich
- Hanf ist weitgehend anspruchslos gegenüber Klima und Bodenbeschaffenheit
Die Hanfnuss
Ein rundum ausgewogenes Lebensmittel. Sie enthält:
- alle essentiellen Amino- und Fettsäuren. Hinsichtlich des Eiweißgehalts von 22 Prozent übertrifft Hanf sogar Soja.
- 65 Prozent davon sind Globuline, die besonders wichtig für das Immunsystem zur Antikörperbildung sind.
- 300 Gramm täglich würden ausreichen, um den menschlichen Bedarf an Proteinen zu decken.
- Etwa 30 Prozent des Hanfsamens bestehen aus Fett, hauptsächlich aus wichtigen ungesättigten Linolund Linolensäuren, die Entzündungsprozesse hemmen, für gesunde Haut sorgen (u.a. Behandlung von Neurodermitis) und für die Blutgerinnung wichtig sind.
- Phytosterone, die im Hanfkorn ebenfalls vorkommen, senken den Cholesterinspiegel und haben sich im Tierversuch als krebshemmend erwiesen. Hanfsamen enthalten aber auch besonders hohe Anteile der wichtigsten Mineralien: Kalzium, Magnesium, Phosphor, Kalium und Schwefel, daneben
- Vitamine der B-Gruppe und Vitamin A, D, E sowie etwas Vitamin C.
- Der Kohlenhydratanteil liegt bei 35 Prozent der Brennwert von 100 Gramm bei 503 Kilokalorien.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der Anbau von Hanf ein wesentlicher Bestandteil unserer Keltendörfer sein wird.