Das Donatusbründl, der heilige Brunnen mit der Donatuskapelle liegt auf 630 Meter Seehöhe am Nordhang des Hochkogels (in der Letten) inmitten einer Almlandschaft, in der im Sommer die Kühe weiden. Die älteste urkundliche Erwähnung datiert aus 1650; „der heilige Prun zu Conradshaimb“ hatte damals neben der Quelle einen Bildstock.
Früher soll das Wasser die Menschen sehend gemacht haben. Die Sage erzählt von einem ungläubigen Bauern, der darüber spottete und seinem blinden Pferd die Augen wusch. Das Pferd sah wieder und führte hinfort den Bauern, der ob des Frevels blind geworden war. Die Heilkraft des Wassers war verschwunden.
1895 gab es in Konradsheim furchtbare Gewitter, damals wurde das Versprechen abgegeben, jährlich zum Bründl beten zu gehen, damit der hl. Donatus, Patron gegen Blitz und Unwetter, gnädig gestimmt sei. Seit damals wird jeden Sonntag vor Pfingsten eine Wallfahrt von der Konradsheimer Kirche zur Donatuskapelle durchgeführt.
Die Kapelle wurde 1972 umfassend renoviert. Um Verunreinigungen durch Weidevieh zu vermeiden, wird die Quelle in Holzrohren bis zum Quellauslass geführt. Unentwegt rinnt viel Wasser über ein im Stein hochgezogenes Rohr als Bächlein ab. Man sitzt auf Baumstümpfen oder einfach auf der Wiese und lässt diesen schönen, natürlichen Platz auf sich wirken. Eine Fülle von Alpenpflanzen und mächtige Bäume bestimmen die Atmosphäre.
Das Wasser der Quelle selbst ist von erstklassiger Qualität, welches man sofort schmeckt, wenn das erfrischende Nass durch die Kehle rinnt. Darüber hinaus hat es etwas von der ungestümen Kraft des Platzes. Das eiskalte Wasser, sich in mächtigen Strahl an die Landschaft verströmend, hat dem modernen Menschen etwas mitzuteilen. Jeder sensible Besucher kann das sofort spüren. „Wach auf“, sagt es. „Fühl, wie du wirklich bist. Ein Teil dieser Welt wild und ursprünglich. Sei frei.“
Namensgebung des Donatusbründl
Der Name „Donatusbründl“ leitet sich vom Heiligen Donatus ab, einem christlichen Märtyrer und Schutzpatron gegen Unwetter und Feuer. St. Donatus, ein Heiliger von eher unspektakulärer Art, kam wohl wegen einer naiven Namensdeutung (mhd. doner = Donner) zu seinem Ruf als Helfer gegen Blitzschlag. Die Verwandtschaft zu Donar “Thor”, dem germanischen Donnergott, ist auffallend.
Auch der ursprüngliche keltische Name einer Quelle “DEBONA”, was göttlich bedeutet, könnte für die Namensgebung durchaus in Frage kommen. Allerdings scheinen sich hier zwei Szenarien zu vermischen. Zum einen eine uralte heilige Quelle, zum anderen das Pilgerversprechen der Bevölkerung von 1895 zum Schutz vor Unwetter und Blitzschlag.
Das Donatusbründl – Ein Quellheiligtum
Wasser ist Leben. In der noch naturverbundenen Welt der vorchristlichen Zeit war diese Erkenntnis existenziell. So wurden Quellen, die kostbares und reines Wasser spenden, zu Orten der Verehrung und Mystik. Sie galten als Pforten zu einer anderen Welt, als Orte der Begegnung mit dem Göttlichen und der Quelle allen Lebens. Die heidnischen Völker wie die Kelten wussten noch, dass in den Quellen Gottheiten und Naturgeister wohnen. Quellwasser galt als heilig und rein, man sagte ihm heilende Kräfte nach. An den Quellen sprachen die Menschen seinerzeit ihre Gebete, baten um Segen und haben Opfergaben dargebracht, um die Gunst der Götter zu erlangen. Votivgaben in Form von Tierfiguren, Schmuck oder Waffen zeugen von der tiefen Verehrung und dem Wunsch nach Verbindung mit dem Göttlichen.
Donatus als Nachfolger von Taranis
Donnergrollen am Horizont, Blitze zucken am Himmel, Sturm peitscht gegen die Fensterläden. In Zeiten der Not wandten sich die Menschen früher an Gottheiten, die Macht über die Naturgewalten hatten. Im keltischen Europa war es Taranis, der Donnergott, dessen Zorn man fürchtete, dessen Gunst man erbat. Doch mit der Christianisierung des Kontinents trat ein neuer Heiliger in den Vordergrund: Donatus, der Schutzpatron vor Unwettern.
Taranis, der Donnergott: In der keltischen Mythologie war Taranis eine der wichtigsten Gottheiten. Als Herrscher des Himmels und des Wetters befehligte er Donner und Blitz, lenkte Regen und Hagel. Seine Macht war gefürchtet, aber auch respektiert, denn von ihm hing die Fruchtbarkeit der Felder und das Wohlergehen der Menschen ab. Darstellungen von Taranis zeigen ihn oft mit einem Rad, einem Symbol des Donners, oder einem Stier, der als heiliges Tier galt.
Donatus, der Wetterheilige: Der heilige Donatus, dessen Leben im 4. Jahrhundert nach Christus datiert wird, war ursprünglich ein römischer Soldat. Nach seiner Bekehrung zum Christentum wurde er zum Bischof von Arezzo in Italien. Legenden erzählen von seiner wundersamen Rettung aus einem brennenden Haus und seiner Fähigkeit, Unwetter zu bannen. So entwickelte sich Donatus zu einem beliebten Schutzpatron gegen Blitzschlag, Hagel und Feuersbrunst.
In der Darstellung des heiligen Donatus finden sich auffallende Parallelen zu Taranis. Beide werden häufig mit einem Blitz in der Hand abgebildet, einem Symbol ihrer Macht über die Naturgewalten. Donatus trägt zudem oft eine Palme als Zeichen des Martyriums sowie eine Getreidegarbe oder einen Weinstock, die für die Fruchtbarkeit der Erde stehen. Mit der Ausbreitung des Christentums im Laufe des Mittelalters wurden viele heidnische Gottheiten durch christliche Heilige ersetzt. In diesem Prozess der Assimilation übernahm Donatus einige Funktionen und Attribute von Taranis. Der Donnergott, dessen Kult im Laufe der Jahrhunderte verblasste, fand so eine neue Form der Verehrung im christlichen Kontext.
Hier am Donatusbründl vereinen sich Natur und Mythologie zu einer harmonischen Einheit, die die Besucher dazu einlädt, sich mit den alten Mysterien und Geheimnissen der keltischen Welt zu verbinden. Die klare Quelle, die aus dem Erdreich entspringt, wird nicht nur als lebenspendendes Wasser betrachtet, sondern auch als Tor zu den verborgenen Reichen der keltischen Anderswelt. Wie einst die keltischen Druiden, die an heiligen Quellen Rituale vollzogen und um göttlichen Beistand baten, pilgern heute Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zum Donatusbründl, um die spirituelle Kraft und Schönheit dieses Ortes zu erleben. Hier finden sie Ruhe und Erholung, sowie eine Verbindung zu den alten Traditionen und Werten, die seit Jahrhunderten in der regionalen Kultur verwurzelt sind.
Ich danke dem Wasser und den Quellwesen des Donatusbründl für das kühle und erfrischende Nass, von dem ich ein paar Liter mitgenommen habe. Ein kleines Ritual zu Ehren der Quelle war eine Selbstverständlichkeit, um meine Dankbarkeit auszudrücken.